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schmerzlichste. Sie war seine Schöpferin und, offen
gesagt, der einzige Vampir, den er gut genug kannte,
dass sein Vertrauen sein Misstrauen überstieg. Nach
jedem großen Abenteuer ertappte er sich bei dem
Gedanken: Das muss ich ihr unbedingt erzählen.
So machte er es sich zur Gewohnheit, jede
Einzelheit seiner Nächte niederzuschreiben; und er
erkannte, dass er auf diese Weise in der Lage war,
seine Erlebnisse im Moment des Geschehens auf eine
tiefere Weise zu erfahren. Dies gab seinem Leben die
Würze, die er vorher vermisst hatte.
Und so blieb er länger allein, als er geplant hatte.
Fünfzehn Jahre, sechzehn.
Dann zwanzig.
Es mochte wahr sein, dass eine Trennung die Liebe
im Herzen stärkte.
Aber nur, wenn man ein Herz besaß.
Als Untoter hatte Angel zwar ein Herz, doch es
schlug nicht mehr.
Im fünfundzwanzigsten Jahr stellte er fest, dass er
Darla immer weniger vermisste. Er hatte sich an das
Alleinsein gewöhnt, reiste weit und mehrte seinen Ruf
unter den Mächten der Finsternis. Er wurde allgemein
gefürchtet. Niemand wollte Angelus, der Geißel von
Europa, in die Quere kommen. Es war erregend, um es
vorsichtig auszudrücken.
Schließlich kam er nach London, der Stadt seiner
Jugendträume, und sie war noch beeindruckender, als
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er es sich vorgestellt hatte. Natürlich war die ganze
Welt beeindruckender als zu seinen Lebzeiten. Ein
Jahrhundert war vergangen, und so viel war
geschehen: Dampfmaschinen und der Telegraf waren
erfunden, die Elektrizität entdeckt und so viele andere
Wunder kündigten sich an.
Aber sie waren nichts im Vergleich zu dem uralten
Wunder der Jagd. Zu der urtümlichen Lust am töten.
Dem ewigen Fest des Bösen.
Zu dieser Zeit geschah es auch, dass Angelus den
Beichtstuhl einer kleinen Kirche in Whitechapel
betreten, einem katholischen Priester die Kehle
aufgeschlitzt und ihn getötet hatte.
Er saß da, mit der Leiche des Mannes, die noch
immer warm war, als er bemerkte, dass jemand die
Büßerseite des Beichtstuhls betreten hatte.
Eine bebende Mädchenstimme erklärte, dass zwei
Tage seit ihrer letzten Beichte verstrichen seien.
Und sie eroberte sein regloses, totes Herz im
Sturm. Er gab sich als Priester aus und drängte sie zur
Beichte. Bewegte sie dazu, ihm zu vertrauen.
Sie erzählte ihm, dass sie Visionen habe. Sie habe
das Unglück vorhergesehen, das sich an diesem
Morgen im Bergwerk ereignet hatte. Ihre Mutter war
der Überzeugung, dass nur der Allmächtige selbst die
Zukunft vorhersehen könne. Eine einfache Maid könne
dazu nicht in der Lage sein& sofern sie nicht vom
Teufel selbst verflucht sei.
Seltsam bewegt und überaus amüsiert versicherte
er ihr, dass ihre Mutter Recht habe. Sie sei eine
Ausgeburt der Hölle und solle sich deshalb dem Bösen
ergeben. Gottes Plan erfüllen, indem sie böse Taten
begehe. Das arme Kind war verwirrt, aber sie war im
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Herzen ein gutes Mädchen, und gute Mädchen hörten
auf ihre Priester.
So kam sie immer wieder zurück, um sich seinen
schrecklichen Rat zu holen. Ihr Name, erfuhr er, war
Drusilla.
Wie er es auch mit seiner eigenen Familie getan
hatte, ermordete er all ihre Verwandten. Er riss ihren
Freunden und einem Jungen, den sie hatte heiraten
wollen, die Kehle auf.
Jeder, dessen Name sie gegenüber ihrem
Beichtvater hinter dem Vorhang erwähnte, starb kurze
Zeit später. Von ihrer angeborenen Verderbtheit
überzeugt, floh sie in ein Kloster, und für eine Weile
ließ er sie in der Obhut der guten Schwestern.
Dann, an dem Tag, an dem sie zur Nonne geweiht
werden sollte, verwandelte er sie, wie Darla ihn
verwandelt hatte.
Das war es, was sie unwiderruflich in den Wahnsinn
trieb.
Jetzt gingen sie gemeinsam auf die Jagd, und im
Laufe der Zeit stieß Darla zu ihnen. Dru verwandelte
einen jungen Briten namens William der Blutige, und
schon waren sie eine Horde. Ein Furcht erregender
Clan, der aus den brutalsten Vampiren in der
Geschichte bestand.
Angelus war ihr Anführer und der Wildeste und
Gnadenloseste von ihnen. Er inspirierte sie dazu, ihre
Opfer zu foltern und zu quälen. William verdiente sich
den Spitznamen »Spike«, weil er die Angewohnheit
hatte, Eisenbahnnägel in seine Opfer zu treiben.
Drusilla entdeckte, dass sie über die wundervolle
Gabe verfügte, ihre Opfer zu hypnotisieren.
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Sie war wie eine Kobra, die den Blick ihrer
zitternden, bebenden Beute bannte. Es war ein
erhebendes Bild.
Für Angelus war es zutiefst befriedigend, dass sie
seine Kreatur war. Ihre Fähigkeiten überstiegen die
Darlas bei weitem, und sie erwies sich als unschätzbar
wertvolle Hilfe.
Drusilla war seine glorreichste Errungenschaft, und
es schmeichelte ihm, dass die meisten ihrer besonders
sadistischen Taten zumindest teilweise auf sein Konto
gingen.
London, 1883
Drusilla sah mit glänzenden Augen zu, wie Angelus
mit Margaret schäkerte, einer hübschen jungen Magd.
Drusilla trug ein elegantes Kleid aus leuchtend
rotem Samt und eine Granatkette um den Hals. In
ihrem Haar steckten Christrosen und Perlen, und
Angelus sah in seinem Abendanzug stattlich und
beeindruckend aus.
Die junge Magd  die dumme Gans  reagierte mit
Unbehagen auf die Aufmerksamkeiten des Mannes, der
Gast im Hause ihres Herrn war. Wie konnte eine Frau,
ob sie nun eine Sterbliche oder eine Vampirin war, den
Küssen und Zärtlichkeiten von Angelus, dem mit dem
Engelsgesicht, widerstehen? Der Geißel von Europa,
dem Schrecken der Mongolei&
& Drusillas Schöpfer und ihrer größten Liebe?
»Spike, sieh doch«, flüsterte sie, und Spike glitt an
ihre Seite. Er fühlte sich in seinem eleganten Anzug
nicht wohl; als Cockney hatte er sich noch immer nicht
an die Regeln des Klassensystems gewöhnt. Es spielte
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keine Rolle, er war ihre andere große Liebe, und sie
hatte ihn geschaffen.
»Spike, ist er nicht ein fantastischer Anblick?«,
säuselte sie. »Er ist so souverän. So romantisch.«
Er knurrte. »Das macht er immer so«, klagte er.
»Ihm geht es um den Nervenkitzel. Ich sage ihm,
verpass ihr ein paar Schläge, zeig ihr deine Zähne und
erledige sie dann. Er könnte sie zumindest ein wenig
quälen. Aber er macht daraus immer diesen& diesen
Tanz.«
»Es ist eine Frage der Eleganz«, bekante Drusilla.
»Er besitzt sie. Er verkörpert weit mehr die
Oberschicht als wir.«
»Ha! Er ist Ire.« Spike schnitt eine Grimasse.
»Jeder englische Bettler ist mehr wert als ein irischer
König.«
»Gib Acht«, sagte sie leichthin. »Er wird dir die
Kehle zerfetzen, wenn er dich hört.«
»Soll er s ruhig versuchen.« Spike berührte ihre
Wange. »Ich wünschte, er würde es tun. Ich würde ihn
töten, und dann hätte ich dich ganz für mich allein.«
»Zumindest bildest du dir das ein.« Sie funkelte ihn
vergnügt an und lachte leise. Sie bewunderte sie
beide, ihre zwei starken Männer. Es gab ihr das
Gefühl, eine Herzogin zu sein, wenn sie darum stritten,
wer ihr Gesellschaft leisten durfte. Immer nur aus
Spaß& oder zumindest taten sie so. Aber sie waren
wie alle anderen Jungs: Sie prügelten sich aus Spaß,
doch jeder hielt ein Messer hinter seinem Rücken
versteckt für den Fall, dass die Sache ernst wurde.
Inzwischen flehte die Dienstmagd Angelus an, sie
wieder auf das Fest zurückkehren zu lassen, aber er
versperrte ihr den Weg. Sie bekam allmählich große [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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